Arbeitszeitflexibilisierung = Lohnraub ?

28. Aug. 2018

Arbeitszeitflexibilisierung = Lohnraub ?

ein Kommentar für die österreichische Bauzeitung (gekürzt) über den 12h Arbeitstag bzw. die 60h Arbeitswoche

Wenn die populistischen Kommentare der Gewerkschafts- u. Arbeiterkammer einerseits, rigorose Verteidigungspositionen der Wirtschaftsvertreter andererseits durch Wort, Bild und Ton an uns herangetragen werden, dann muss schnell eine Atem-Mediation verbunden mit dem Mantra „alles ist gut“ her.
Als Geschäftsführer eines Familienbetriebes, der tagein tagaus direkt und keinesfalls aus der Tintenburg mit Menschen kommuniziert, geht nach meiner Ansicht zumindest in der Baubranche die Diskussion am Arbeitnehmer vorbei.

Das sich viele Arbeiter selbst diese Arbeitsformen wünschen könnten, kommt keinem in den Sinn.
In den letzten Jahren hatten wir rege Diskussionen mit manchen Mitarbeitern, die mehr arbeiten wollten, aber aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht konnten.
Bis vor wenigen Monaten wünschten sich einige Arbeiter Betriebsvereinbarungen mit der Akzeptanz des Betriebsrates und periodischen Unterfertigungen durch Arbeitsinspektoren, die ihnen die Mehrarbeit in mehreren Jahresblöcken erlaubt.
Angemerkt, nicht durch den Arbeitgeber initiiert und auch nicht gewünscht. Wieso, darf ich erklären.

Aus meiner langjährigen Erfahrung und der Entwicklung unserer Branche ist es dem Menschen nicht zumutbar, über die jetzt gültigen Durchrechnungszeiträume hinweg 12 Stunden am Tag zu arbeiten.
Körperlich fordernde Arbeit, aktuell verbunden mit enormer Hitze, führt bereits in der Normalarbeitszeit zu Verschleißerscheinungen.
Wir sind immer mehr mit Erschöpfungssymptomen konfrontiert, deren Hintergründe psychisch als auch physisch zu finden sind.
Der Einsatz von IT und die damit einhergehende Beschleunigung, traditionell niedrige Margen am Bau oder die sinkenden Deutschkenntnisse der Baumenschen mit erschwerter Kommunikation lassen die Baupartien zum Blitzableiter für Kunden, Projektleiter, Planer, Subunternehmer oder Betriebsinhaber werden.

Daher werden wir diese Möglichkeiten maximal kurzfristig ausschöpfen (Flexibilisierung = Vorteil), aber niemals zum System werden lassen.
Ansonsten bekommen wir die Rechnung in Form von Mitarbeiterausfällen oder reduzierter Leistung präsentiert. Das will keiner!
Vor allem nicht der, um gewisse Schlagzeilen zu zitieren, böse Lohnräuber (vulgo „Unternehmer“).