Baustopp durch Fantasiepreise – unser Statement

2. Aug. 2021

Baustopp durch Fantasiepreise – unser Statement

Reaktion auf den SN-Artikel vom 29.7.

Vorerst – es ist richtig, dass die Preisniveaus im ersten Halbjahr auf ein Niveau gestiegen sind, das ein Bauen sehr schwer macht.
Wir sehen das vor allem in unserer Generalunternehmersparte als auch in der Bauträgerei mit der Viktoriagruppe und der Ebster-Living.
Es ist absolut die Überlegung wert, in das kommende Jahr zu verschieben, da die Branche mehr als VOLL ist bis in das kommende Jahr hinein.
Die Gründe werden aber etwas zu vereinfacht dargestellt. Es weckt den Eindruck, dass die Gewinnaufschläge in der Branche so massiv erhöht wurden, weil eben Auftrag ohne Ende und ergo damit die Preise so gestiegen sind. Nicht unbedingt richtig, ein paar schwarze Schafe ausgenommen.

Ich habe die großen makroökonomischen Randbedingungen schon in einem früheren Beitrag skizziert – https://www.ebster-gruppe.at/blog/rohstoff-inferno-voraus
Dieses Mal möchte ich etwas detaillierter darstellen, wie folgende Kalkulationsfaktoren die Endpreise beeinflussen.

Langfristige Faktoren:

Fachkräftemangel
Lange hat man nichts von dieser strukturellen Änderung gespürt, aber schleichend ist es passiert. Vergleiche zum Klimawandel sind legitim.
Jetzt, wo dieser Wandel mit anderen Engpassfaktoren zusammentrifft, wird es explosiv.
Ein Handwerker wird mittlerweile sehr gut bezahlt, passt auch so. Unsere Bruttomittellohnpreise sind aber auch dementsprechend gestiegen. War dieser vor 10 Jahren noch bei 37€ die Stunde, liegen wir aktuell bei 57€, das entspricht einer Steigerung von 54% oder annualisiert 4,4%. Bedingt nicht nur durch Kollektivvertragssteigerungen, sondern durch Verbesserungen am Arbeitsplatz, bessere Zubringerdienste (zb. haben wir doppelt so viele Mannschaftstransporter wie damals) und andere Goodies.

Bauvorschriften, Bescheidauflagen, Gesetze und Verordnungen
Wenn ich da jetzt ins Detail gehe, sprengt das den Rahmen. Den Argumenten des Landesinnungsmeisters im Bericht gebe ich volle Zustimmung.
Alleine die Verschärfungen im Siedlungswasserbau, unter anderem in der Oberflächenentwässerung, bedingt durch Starkregenereignisse der Vergangenheit (und aktuell) sind ein starker Kostentreiber der letzten Jahre gewesen.

CO2-Reduktion
Die Klimaziele sind wichtig, die Internationalisierung beim Thema ESG allerhöchste Zeit.
Aber auch dies wird das Bauen teurer machen, wenn nicht andere Elemente wie zum Beispiel die Arbeit entlastet werden.
Konkreter Fall – die Betonproduzenten haben eine Preissteigerung von 15% für 2022 angekündigt, der Grund einerseits das aktuelle Bauvolumen und die dementsprechende Verknappung, andererseits die gestiegenen Preise für CO2-Zertifikate. Macht nach unserer Schätzung ein knappes Prozent bei den Baukosten aus.
Aber das wird sich nicht nur auf den Beton erstrecken – der Bau braucht viele Ressourcen, die Co2-intensiv produziert werden, dh. hier wird noch mehr auf uns zukommen.

Anzahl der Betriebe
Gerade Kleinbetriebe im Handwerk haben jahrelang unter hohem Konkurrenzkampf ganz geringe Margen erzielt, aus eigener Erfahrung wissen wir, wie hart das Handwerk es hatte.
Dadurch haben sich viele entschieden, aufzuhören oder die nächste Generation hat den Gründern den Stinkefinger gezeigt.
Durch den allgemein fehlenden Nachwuchs kommen auch wenig seriöse Firmen nach. Diese Verknappung ist aktuell an der schnellen Marktsättigung spürbar.

Kurzfristige Faktoren:

Stahlpreisentwicklung
Die Gründe sind vielfältig und oben bzw. im früheren Beitrag diskutiert, aber kalkulatorisch haben wir doppelte Kosten beim Materialeinkauf. Als A-Material schlägt der Baustahl am meisten zu und verursacht alleine bei den Baumeisterarbeiten ein Mehr von bis zu 13%.

Dämmstoffpreisentwicklung
Detto, XPS war fast nicht mehr zu bekommen. Hier verursachen die Mehrpreise eine durchschnittliche Erhöhung unserer Preise um 0,5%.

Holzpreisentwicklung
Am Baumeisterpreis rüttelt das Bauholz nicht so extrem, jedoch sind hier unsere Holzprofis voll getroffen.
Sämtliche Mehrpreise bei Holz- u. Holzwerkstoffen resultieren aktuell in einem um 30% höheren Endpreis im Holzbau.
Beispiele Konstruktionsvollholz 100%, Leimbinder über 100%, 3-Schichtplatten oder OSB-Platten 100%, einzig Konstruktionsholz 35% gestiegener Einkauf.
Die Verfügbarkeit ist ein ganz eigenes Thema.

Weitere Engpässe
Da wir ja in der schlüsselfertigen Errichtung im Wohnbau einen unserer großen Schwerpunkte haben, noch folgende Hot-Spots.
Holz trifft uns bei Böden und Türen, Silikonpreise haben sich verdreifacht, Fliesen sind teilweise ausverkauft, Kupfer = Elektriker…..
Wo man nicht so schnell dran denkt, für unsere Decken benötigen wir natürlich auch Schaltafeln. Der Preis am Jahresanfang lag bei 15€, aktuell kaufen wir um 28€!!
Alleine dieses kleine Element erzeugt Mehrkosten von bis zu 0,5% bei den Baumeisterarbeiten.

Engpass Handwerksfirmen und Aufschlag Hochkonjunktur
Oben ist das gleiche Argument im langfristigen Segment aufgelistet, es hat aber auch hier seine Berechtigung.
Im Moment sind wir mitten in einer kurzfristigen Übertreibung, solche „irrational exuberances“ (Zitat Alan Greenspan) finden ihr Ende, wenn aufgrund der hohen Preise das Bauvolumen sinkt.

Trittbrettfahrer, die die Situation ausnutzen
Nicht alle, die aktuell Preissteigerungen ankündigen, müssten das aus wirtschaftlichen Gründen tun. Teils wird da ein gutes Körberlgeld verdient.
Das gehört bei solchen Extremen dazu. Leider.
Namen nenne ich keine, da ich schon Angst habe, dass wir nicht mehr beliefert werden 🙂

Summasummarum kann von einer nachvollziehbaren Steigerung des Baumeisterpreises von 15-18% ausgegangen werden, wenn man bei den anderen Gewerken von ähnlichen Randbedingungen ausgeht, würde das mindestens 15% höhere Baupreise rechtfertigen.

Ich stimme zu, das ist reiner Wahnsinn.

P.S.
Im Artikel wird das von uns abgewickelte Generalunternehmerprojekt Friedrich-Inhauser-Strasse mit einer Verschiebung in Verbindung gebracht. Wir stehen vor der Fertigstellung, täglich werden aufgrund des Vorbildcharakters Delegationen durch die Anlage geführt, somit….???? Wir bitten um gründlicheren Journalismus.