Immobilien-Bubble?

9. Jul. 2020

Immobilien-Bubble?

Alles eine Frage der Perspektive.

Oft bekomme ich die Frage der Fragen gestellt – „soll ich noch kaufen oder ist der Immobilienmarkt überhitzt?“
Die Antwort lautet meist – „ich weiß, dass ich es auch nicht weiß!?“

Das hat sich in den letzten Monaten geändert. Jetzt sage ich – „es kommt drauf an…!“
Was hat sich geändert?

Ich habe lange geglaubt, dass den Regierungen und Notenbanken schon was einfallen wird, um die Zinsen mittelfristig wieder steigen zu lassen. Die coronale Geldschöpfungsgeschichte hat die Lage verändert, und das in einer Dimension, die nicht vorstellbar war. Ein Milliardchen da, ein Billiönchen dort, der Anglizismus „whatever it takes“ ist jedem Grundschüler bekannt.

Ohne jetzt die exakten Zahlen zu kennen, aber wenn die Staatsverschuldung sagen wir um 40 Milliarden € steigt, bedeutet jedes weitere Prozent 400.000.000 € mehr Zinsdienst. Tilgungen unberücksichtigt. Und das zum bereits vorhandenen Rucksack, der ohnehin Jahr für Jahr schwerer wird.
Eine steigende Zinskurve ist weltweit von keiner Regierung aus obigen Gründen erwünscht. Das heißt aber für Immobilieninvestoren, die Fremdkapital verwenden, ein überschaubares Risiko beim Rückzahldienst.

Der zweite relevante Punkt lässt sich am besten mit der Thematik Angebot-Nachfrage erklären. Der von ON (Sportschuhe Schweiz) gerade lancierte und limitierte Sneaker „The Roger“ war binnen Minuten weltweit ausverkauft. Verknappung erzeugt Wertsteigerung. Baugrund kann auch nicht mehr werden und ist natürlich limitiert. Ergo, auch der wird immer steigen.
Von welchem Produkt gibt es aber seit der Krise Unmengen? Ja, von künstlich erzeugtem GELD. Ergo, der Wert von Geld, das aus dem Äther geschaffen wurde, wird fallen.
Wie merken wir Konsumenten das?
Genau, Inflation findet statt und die Preise steigen. Ob nur in Sachwerten oder auch in Produkten des täglichen Lebens, das weiß keiner.

Jetzt bin ich naiv und stelle die Hypothese auf, wenn ich Immobilien fremdfinanziert kaufe, die Kredite zwar nominell gleich bleiben, aber die Werthaltigkeit der Schuld=Geld sinkt, auf der anderen Seite die Wahrscheinlichkeit weiterhin hoch bleibt, dass Immobilien nominell teurer werden, dann hat der Immobilieninvestor den doppelten Vorteil. Kann sich jeder per Beispiel ausrechnen, spare ich mir aber jetzt.

Jeder Wirtschaftswissenschaftler wird mich hier zerpflücken, da derzeit ja der Druck auf die Preise herrscht und eher Deflation passieren wird. Richtig, aber zeitlich begrenzt. Irgendwann wird die Ära Corona vorbei sein, die Schulden bleiben aber. Und dann – wir werden sehen….

Aber wie bei jeder Investition ist zu vergleichen, und daher auch mein „es kommt drauf an!“. Dient der Immobilienerwerb der eigenen Nutzung, der Anlage und Refinanzierung oder der reinen Werterhaltung? Wie hoch ist mein nötiger Fremdkapitalanteil und daraus folgernd die jährliche Annuität? Kann ich damit leben, wenn es temporär einen Rückgang um 20% gibt oder raubt mir das meinen Schlaf? Viele Fragen, über die auch schon unzählige Bücher veröffentlicht wurden.

Last but not least ein Link auf einen Artikel des „Visual Capitalist“, der sich mit dem Thema „Immobubbles im internationalen Vergleich“ beschäftigt.
Dabei wurden nur die entwickelten Erdteile wie Nordamerika, Europa, Australien, Japan und Südkorea im Zeitraum 2015-2019 betrachtet.
Für Österreich stellt sich heraus, die Immobilienpreise sind um 13% mehr als die zu erzielenden Mieteinnahmen gestiegen, was eher auf leichten Korrekturbedarf hindeutet.
Auch sind die Einkommensentwicklungen um 22% hinter dieser Entwicklung geblieben, dh., die Mieten sind nicht mehr so leicht leistbar.
Der allgemeinen Inflation, Maßstab ist der Verbraucherpreisindex (VPI), sind die Preise um 14% enteilt.
Diese 3 Parameter sind im Ländervergleich so im Mittelfeld, also keine Zeichen einer ausgeprägten Seifenblase.

Und auch positiv – der Anstieg des Immobilien-Kreditvolumen in Relation zum Bruttonationalprodukt ist mit 49% ganz moderat und international vorbildlich.
Fazit – mittelfristig ist eher in Märkten wie Neuseeland, Australien, Kanada oder den Nordstaaten Schweden und Norwegen Korrekturbedarf gegeben.
Österreich ist international eher noch moderat angesiedelt. Überrascht?

Mapped: The Countries With the Highest Housing Bubble Risks