Leistbares Wohnen

7. Apr. 2023

Leistbares Wohnen

aus der Sicht eines Praktikers

Wahlkampfzeit – da wird das Thema des Tages stets inflationär verwendet. Wie auch jetzt wieder von einer Splitterpartei, die am liebsten wieder in die destruktive Planwirtschaft zurückfallen würde. Wohin das in der Regel führt, wissen historisch gebildete Menschen.

Gegenwärtig stimme ich den Populisten zu, inflationsbedingt spitzt sich die Situation zu. Mieten oder laufende Rückzahlungen für Eigentum fressen bei einer 4-köpfigen Familie zwischen 45 und 50% des Haushaltseinkommen weg (Annahme 3.000-3.500€ Netto). Wenn wir einen Alleinverdiener mit 2-2.500 Nettoeinkommen nehmen, sind wir schon bei 60-75%.

Das ist dramatisch. Wie kann man das ändern, das ist die große Preisfrage?

Sozialistisch denkende Menschen sehen das ganz einfach – Mieten deckeln, das ist die Lösung. Die bösen Vermieter, die ja große Teile des Tage mit der Zigarre im Mund ihr Geld zählen, die sollen gefälligst weniger verdienen. Ja, solche Aussagen sind das Resultat, wenn in der Grundschule keine Kenntnisse über den Umgang mit Geld und Finanzen gelehrt werden.

Meist werden solche Mietwohnungen teils mit Fremdkapital finanziert. Die letzten 10 Jahre waren da einfacher für Vermieter, der Zins war niedrig, dafür stiegen seit einem halben Jahrzehnt die Preise für Wohnungen und gegengleich sanken die Renditen. Wieso? Weil in der ganzen Diskussion verschwiegen wurde, dass der Mietzins zwischen 2000 und 2020 in allgemeinen Lagen kaum mit der eh schon niedrigen Inflation mithalten konnte. Das heißt, steigender Einkaufspreis, stabile Miete, weniger Rendite. Die war in den letzten Jahren in einer Bandbreite von 3-4% zu finden, bei Zinshäusern eher unter 1%!

Für diejenigen, die kein Fremdkapital verwenden, kommt eine andere Keule daher. Die Steuer! Als Privater steigst du mit ein paar Mietwohnungen auf der Leiter der Steuerprogression sehr schnell nach oben. 20, 30, 45% Steuer sind da bald erreicht. Das geht von der niedrigen Rendite noch weg.

So, verstanden? Es hat seinen Grund, dass wir als Immobilienprofis seit fast 20 Jahren nur in Gewerbeimmobilien investiert haben. Unsere Wohnungen wurden in den Jahren 1998 bis 2004 errichtet. Mit den ersten Erfahrungen aus der Bewirtschaftung zogen wir uns bei neuen Projekten leicht verwundet zurück.

Schön wäre jetzt ein Gastbeitrag von unserer Immoabteilung. Claudia und Sonja, aber auch Teile der Technik könnten hier ein paar nette Storys über Mieter und deren Benehmen, Ordnungsgefühl und andere Eigenheiten an den Bildschirm bringen. Aber Datenschutz und so….

Quintessenz – wenig Rendite, jetzt hohe Zinsen für Fremdkapital und hoher Aufwand in der Bewirtschaftung. Autsch!

Jetzt könnte der mündige Diskutant einwerfen, ja, die paar Wohnungen von den Privaten, ausmachen tut es dann schon der gemeinnützige Anteil. Stimmt, aber trotz ihrer Bestimmung können die auch nicht in ihren Renditeüberlegungen die Amortisationsdauer über die Lebensdauer (oder den Zeitpunkt einer Generalsanierung) hinaus verlängern. Das wäre langfristig deren Tod. Das wird dem betriebswirtschaftlich Unmündigen jetzt vielleicht nicht ganz verständlich sein, ich stelle mich gerne aufklärend zur Verfügung.

Ja, wenn das Mieten deckeln langfristig den Investor vertreibt, dann werden die Bestände weniger. Auch nicht gut, also was dann?

ROG-Verträge bei Umwidmungen werden bereits im ganzen Land angewandt. Das ist ein probates Mittel, wenn die Rahmenbedingungen nicht komplett weltfremd angesetzt werden, wie es in städtischen Diskussionen im Bereich der Preisdeckelungen von Eigentum der Fall ist. Wir bekamen vor Wochen einen ROG-Vertrag vorgelegt, der zum Rückzug von einem sehr attraktiven Bauvorhaben führte. Die Randbedingungen waren so gesetzt, dass unsere Akzeptanz im Worst Case existentiell gefährlich gewesen wäre.

Bestehendes Bauland ist oben, vielleicht treibt die Rezession die Preis etwas nach unten, aber Wunder sollte man keine erwarten. Hier erwähne ich, weil vielfach schon vergessen, eine vor Jahren als lukrative Staatssteuerquelle erfundene Immobilienertragssteuer hat die Grundpreise schlagartig um 30% erhöht. Die Verkäufer wollten die Steuer nicht tragen, die Käufer kamen zum Handkuss, Wohnungseigentum wurde schlagartig um 4-5% teurer. Wird gerne vergessen, wenn man auf die gierige Privatwirtschaft schimpft.

Aktuell sehr viel diskutiert, die Gemeinden sollen selbst Grünland mit einem Mischpreis kaufen und preiswert in Bauland widmen. Ist ein unfairer Wettbewerb, aber möglich und wahrscheinlich zielführend. Aber das kann man mit einem guten ROG-Vertrag auch lösen, dann müssen Gemeinden nicht in eine Domäne eindringen, die nicht unbedingt ihre Kernkompetenz ist, die Bauträgerei.

Die 2 effektivsten Lösungen sind durch die Politik anzustoßen:

Lockerung der Finanzierungsvorschriften, vor allem was den Anteil am Haushaltseinkommen betrifft. Wir hören vom Verkauf, dass Interessenten für Eigentum einerseits ihre Finanzierung nicht bewilligt bekommen, andererseits aktuell schon mehr Miete zahlen als die Rückzahlung für den Immokauf ausmachen würde. Erstaunlich, aber wahr! Und eigentlich pervers….

Anpassung und weitere Attraktivierung der Wohnbauförderung, Zinsstützungen wie früher (5% Zinsen war vor 2005 Standard) und einmalige, nicht rückzahlbare Zuschüsse wären eine massive Erleichterung.

Über den Aufwand, den wir beim Bauen an sich haben, lasse ich mich jetzt nicht aus. Der ist ein eigenes Kapitel wert. Ob es da jemals zu Erleichterungen kommen wird, glaube ich persönlich nicht.

Eine letzte Info zum Schluss, die auch ruhig zum Nachdenken anregen soll – die 9,5%ige Kollektivvertragserhöhung, die Anfang Mai wirksam wird (und für die Kaufkraft der Menschen auch wichtig ist), erhöht den Endpreis des Eigentums (aber über Umwege auch die Miete) um ca. 2,5%. Bei 5.000€ Quadratmeterpreis sind das weitere 125€, bei 70m2 € 8.750.

Es wäre wichtig, diese kleinen Dinge des Lebens in der politisch einseitig geführten Diskussion nicht auszublenden.