Mozart100 – completed!

18. Jun. 2018

Mozart100 – completed!

Ein emotionaler Reisebericht durch 18,5 außerirdische Stunden

Eine Retrospektive, die nötig ist, da ich nach wie vor sehr aus dem Tritt bin (sprichwörtlich) und mit diesen Worten das Kapitel „Mozart 100“ auch emotional abschließen möchte.

Vorerst einmal – ich fühle mich nach wie vor gesund, habe keine Gelenksprobleme und dürfte in wenigen Tagen komplett wiederhergestellt sein. Ein Durchschnittspuls von 132 hat auch den Kreislauf nicht über Gebühr strapaziert. Vergessen wurde in der Diskussion vor dem Rennen immer wieder gerne, dass sowohl Martin (Jugendkader Langlauf) als auch Herbert und ich schon seit vielen Jahren auch Langstrecken laufen. Bis dato war halt der längste 56km…..

Die Dreistelligkeit der Distanz war schon seit Jahren eine Verlockung, der wir dieses Jahr nicht widerstehen konnten.
6 Monate teils hartes Training mit Höhen und Tiefen, über die ich ein eigenes Tagebuch verfasst habe.
Mentale Täuschungen, die noch einen Tag vor dem Rennen Magenverstimmungen vorgaukelten.
Ein krasser Sturz beim Berglauf 2 Wochen vor dem Höhepunkt, der Knie und Knöchel noch beleidigt hat.
Viele Kleinigkeiten, die am 16.6.2018 in unseren sportlichen Highlight des Jahres gipfelten.

Und der hatte es in sich….
Salzburg – Fuschl (KM31)

Lockere erste Kilometer führen uns über die Hellbrunner Allee und a´la Alpenstraßenquerung in Richtung Elsbethen. Die Glasenbachklamm rauf zur Vorderfager und ersten Labstation bei KM11 kennen wir vom letzten Mal und wird bereits klugerweise gehend (nicht laufend wie beim letzten Mal) absolviert. Auch die nächsten Streckenabschnitte sind uns bekannt – Sattel nördlich Gurlspitze Richtung Ebenau, rüber zum Plötz Wasserfall, den Berg rauf, runter, ziemlich giftig rauf auf den Gitzen und wiederum runter nach Hof, Ortsteil Lebach. Labstation 2 bei KM21.

Martin ist das Tempo etwas zu hoch, er versucht, in seinem Pulsbereich zu bleiben und fällt etwas zurück, was für das Finishen viel später am Tag noch entscheidend wird.
Trotzdem, wir sind alle blendend drauf, der Schmäh beim Herbert rennt. Nach dem ersten tollen Blick auf den Fuschlsee gibt es den ersten Fankontakt oberhalb vom Schloss Fuschl, Sonja, Tanja und Martin Trickl warten schon, letzterer begleitet uns läuferisch bis Fuschl. Problemlos. KM31! Unser Zeitlimit ist bis dato um 30min unterschritten, der TimeCut auch um 1h (Fuschl unter 5h erstes Limit, sonst Disq.).
In Fuschl der erste Schock, meine Dropbag mit Stecken, Ladegeräten und anderen Utensilien ist nicht da. Gut für die Konzentration, ich bin völlig von den Socken.
Irgendwie muss es jetzt weitergehen, ich labe mich und spiele schon die Szenarien durch, da kommt nach 5 Minuten der Servicemann mit dem Sackerl, dass irgendwo falsch eingeordnet wurde. Große Erleichterung, vor allem wegen der Stecken, die ab JETZT ein MUST sind.

Martin und Martin verabschieden sich von uns, ab jetzt geht es alleine nach Hause, ganz fit schaut er nicht mehr aus, der Martin Moisl, aber wir sind sich sicher, dass er das heute schaffen wird. Wir wissen aber noch nicht, wie die veränderte Streckenführung Fuschl-Salzburg zuschlägt, sonst hätten wir uns wohl mehr Sorgen gemacht.
MARTIN GO!

Der äussere Ring (KM31-KM73)

Ab jetzt alleine mit dem Herbert, aber eh schon wissen, mit dem wird dir nicht fad. Ein langer Forstweganstieg führt uns rauf auf den Eibensee. Wunderschön! Auch die Blicke auf den Mondsee, kurz mit dem Wolfgangsee verwechselt, sind kraftspendend. Nach ewig langem Auf-u. Abwärtslauf kommen wir im Wald zum Plombergstein, den wir über Metalltreppen und Holzstufen bezwingen. Imposant auf der Ostseite die hohen Steinwände und die Wege, die uns durch schmale Tunnel und Durchgänge führen. In diesen Irrwegen verlaufe ich mich gleich um 200m, Herbert, etwas hinten, hat das richtig gemacht, meint aber, da er mich nicht mehr sieht, dass ich das Tempo angezogen habe 🙂

Winkl, Labstation KM47, Temperaturen sind jetzt eher knackig, am Schafberg wird es schon wieder kühler werden.
Rauf zur Schafbachalm überholen wir gefühlt 40 Läufer, da kommt unser Heimvorteil ins Spiel. Ein quälender Anstieg, der nicht mehr aufhört, technisch schwierig. Aber die Fans auf der Alm lindern die Qualen. Jetzt sind Claudia, Susi, Marleen und Bianca bereits mit Sonja heraufgekommen, auch die anderen Läufer freuen sich über die enthusiastischen Girls. Ist in diesem Moment eine super Unterstützung. Auch Herbert ist einen kurzen Moment später schon da und freut sich über die Überraschung bei KM50.

Die Kraft brauchen wir für den langen und technisch katastrophalen Abstieg nach Sankt Wolfgang. Ein Tipp – von der Seite niemals auf den Schafberg gehen! Steine, Geröll, einfach nur furchtbar.
Aber irgendwie kommen wir doch runter und drehen in großem Bogen in Richtung Falkensteinwand. Schnell noch den Anstieg auf den Falkenstein, der für sich schon eine Herausforderung ist, vorbei an der Kirche – sehr schönes Platzerl – und runter geht´s in Richtung Gasthaus Fürberg und Labe – KM59! Wir betreten unerforschtes Territorium, jenseits der KM56 ist Neuland.

Herbert geht es zunehmend langsamer an, er will finishen und muss sich beim Tempo danach richten. Wir spüren aber auch, dass keine Zeit für „laissez faire“ über bleibt, da sich die Cut-Zeiten als nicht zu großzügig herausstellen. Nächste Überraschung, Christa, Hansi und mein Junior Peter warten bei der Labstation auf uns. Stirnbandwechsel und erstmaliger Wettex-Einsatz. Wettex? Rein in den See und schön über dem Kopf und Rücken ausdrücken, anschließend nass hinten ins Leiberl stecken. War nicht so schlecht! Dazu noch die dritte Salztablette, der fünfte Riegel, der siebte oder achte Liter Flüssigkeit, Banane, Orangen, Salzbrezerl, Rosinen und… ein Stückerl Kuchen. Die Dose Cola nicht zu vergessen.

Weiter geht es, wir glauben, jetzt noch die Sausteigalm, dann sind die Höhenmeter des Tages Geschichte. Ja, da ist Unwissenheit ein Geschenk.
Nach Sankt Gilgen starten wir beim den Schitourengehern bekannten Parkplatz mit der Besteigung, die Route führt aber unter dem großen Felsen rauf zum Wirtshaus. Im Winter ist es mir lieber, der Sommerweg besteht nur aus Steinen. Aber auch das hat ein Ende, kurz vor der Alm steht plötzlich der Franz Aigner vor mir. Weißbier und Kaiserschmarrn wäre sein Angebot, ich nehme aber die Massage von der Dagmar, die mir auch die Wartezeit auf den Herbert erleichtert. Knappe 10min später ist er da, in seinem Tempobereich, aber noch gut drauf und auf Finish gepolt. KM65! Knapp zwei Drittel geschafft. Die hohen Berge erledigt, ab sofort Kindergeburtstag. Aber für den Mozart 100 gilt – nur nach der Ziellinie weißt du, dass keine Höhenmeter mehr kommen.

Wir peilen Fuschl – Durchgang 2 – an und in meiner Vorstellung sollte es eigentlich da jetzt nur noch runter gehen. Mein topografisches Wissen über diese Gegend hat Schwachstellen. Es geht kurz runter, aber dann elendig lange nach oben. Und wieder nach unten, um kurz danach wieder ordentlich nach oben zu führen. Zermürbend! Batterie und Uhr lade ich bereits mehrmals mit der Powerbank, das wird mir später noch, Verzeihung, den Arsch retten. Die lange Asphaltstraße Richtung Ort ist bei viel Sonne auch kein Leckerbissen. Schritt um Schritt, ein Deutscher faselt was von Cordoba daher, ich sage ihm, Cordoba ist Geschichte. Dann fragt er mich, wo der Herbert ist? Aha, Hr. Schweighofer kennt eh schon das gesamte Teilnehmerfeld. Als er den 3 Teilnehmern erklärt, dass kurz vorm Schluss am „Cappuccino“-Berg noch Espresso an der Labe serviert wird, bin ich ergriffen, wie sehr er Menschen motivieren kann.

KM73 – Fuschl 2
Kurze Durchsicht bei WhatsApp, Martin ist durch, JUBEL, bravo! Kurzes Nachdenken, wir müssen das jetzt noch machen, was sich der Hr. Moisl seit 9.00 morgens erkämpft hat. Nicht nachdenken, nur laufen….

Fuschl – Hof (KM73-84)

Herbert is back! Er hat einen Energieschub, Parallelen zum Mozart56 werden erkennbar. Wir sind im Paarlauf Richtung Schloss Fuschl unterwegs, Wald ok, Westufer mühsam und heiß. Vor dem Schloss ein Steig, der mir noch nie aufgefallen ist, steil, unangenehm, bis ca. 30hm über dem Sheraton, ein weiterer Dorn im Streckenprofil. Dort fliegen wir runter und wieder erwarten uns die Fans vom Schafberg, jetzt sogar noch die Golden Girls Tante Pepi und meine Mum. Die kennen auch schon das halbe Teilnehmerfeld beim Vornamen. Die Wertung für die besten Fans haben wir mit ABSTAND gewonnen. Mit ein Teil, dass man das letztendlich schafft.

Es geht den Weg retour nach Hof-Lebach. Es ist 19.17 Uhr, der Tag ist fortgeschritten. Wir sind 32min über der Wunschzeit, KM84. Ich will den Nockstein, wenn geht bei Tageslicht oder Dämmerung schaffen. Kurze Absprache mit Herbert, wir sind scheinbar da fast schon telepathisch unterwegs. Wir laufen jetzt doch verschiedene Tempobereiche und das Warten bringt mich immer wieder aus dem Konzept. Er garantiert mir, dass heute seinerseits gefinisht wird, sonst lasse ich ihn nicht alleine. Er fühlt sich gut und gibt mir den Eindruck, dass er das heute durchzieht.
Wir trennen uns bei KM84, jeder geht ab sofort seinen ureigenen Rhythmus. Wer so etwas bereits gemacht hat, weiß, wovon ich spreche. In diesen Streckenabschnitten ist man völlig losgelöst, fast im tranceähnlichem Zustand. Jede Veränderung kostet unnötig Energie.

Hof – Salzburg (KM84-KM104)

Der Weg zur nächsten Labstation ist nicht endenwollend. Vereinzelt überhole ich Läufer, endlose Steigungen, kräfteraubende Abstiege, immer wieder. Irgendwann gehe ich davon aus, dass die Labstation schon abgebaut wurde und ich schon am Weg zum Nockstein bin. Aber dem ist nicht so, urplötzlich nach insgesamt 2h einsamen Lauf renne ich aus dem Wald raus und sehe eine Menge Leute vor mir, KM94 ist erreicht. Es ist 21.17 Uhr, Dämmerung, mit dem tageshellen Nockstein wird es wohl nichts mehr. Gut versorgt starte ich weg vom letzten Servicepunkt und stehe nach wenigen Metern vor Markus König, der in wenigen Tagen den Salzburger Almenweg läuferisch in 7 Tagen bezwingen will. Wohlgemerkt, da geht es um 22.000hm. Ich bin reichlich mit unseren 4.600 bedient.

Markus begleitet mich zum Nocksteinsattel, zu diesem Zeitpunkt auch schon ein extremer Wadlbeisser. Dort die nächste kleine Katastrophe. Stirnlampe Batterien ebbe, Reserve im Dropbag in Fuschl. Ich hänge mich an einen deutschen Kandidaten, der zwar sehr langsam unterwegs ist, aber Licht im allerbesten Sinne des Wortes „spendet“. Ich ergänze mit meinem Handylicht, halte in der einen Hand Telefon und Ladestation, in der anderen die 2 Stöcke. War irgendwie genau in diesem Streckenabschnitt anders geplant…aber positiv denken, ohne Powerbank würde ich jetzt im Dunkel nach Hause irren.
Nocksteinschlucht nur die Hälfte runter, dann wieder rauf und rüber und den Steig zur Gersbergalm runter. Stockdunkel! Holzleitern, Wurzeln, Steine, tagsüber schon eine Herausforderung.
Eine junge Österreicherin und ein Japaner haben aufgeschlossen und gehen ein etwas höheres Tempo, ich hänge mich da ran.

Auch den Kühberg kenne ich noch nicht, die endlosen Stufen runter in die Gnigl überraschen uns. Aber die Stimmung steigt, das Ziel naht und ist doch noch so weit.
Um 22.48 Uhr passieren wir die KM100-Tafel und kriegen aufgrund der Brückenbaustelle noch einen Extrakilometer aufgerechnet. Der Japaner und die Österreicherin laufen bei der Haltestelle Gnigl dem Absperrband nach und runter auf den Bahnsteig. Das Mädel kann ich noch rauflotsen, den Japaner sehe ich nicht mehr. Wenige Viertelstunden später wird Herbert eine kleine Gruppe auch dieses Stiegenhaus runterführen… 🙂
Eine kleine Labstation bei KM101 vor dem „Cappuccino“-Berg, noch etwas Wasser. Hokkaido ist wieder da, hat also nicht die Schnellbahn nach Hause genommen. Zu dritt greifen wir an. Vor dem Beginn der Treppen noch drei angesoffene Jungs mit „Tschetschenen“-Deutsch, die mich zwar nur anschnauzen, aber die Mitstreiterin obszön angehen. Die ist jetzt froh, dass sie nicht alleine ist…
Wenn ich über den Wortlaut der Äußerungen jetzt so nachdenke, bin ich extrem schockiert. Keine gute Gegend, dafür waren unzählige Alkoholreste und Verunreinigungen Beweis genug.

Aber weiter, Stufe um Stufe, Japan kurz vor mir, Alexandra kann das Tempo nicht mehr halten und fällt immer mehr zurück. Stockdunkel und plötzlich aus dem Schwarz, „Hey, denn kenn i ja“. ??
Leon ist mir entgegengekommen, es reißt mich aus der Trance, ich kann gar nicht richtig antworten. Ja, es geht dem Ende entgegen. „Kannst du mir das Handy halten und leuchten, danke“. Weiter, wie weit? So cirka 500m rauf und dann nur runter. Verdammt, noch so viel? Stufen zu Ende, der Wald beginnt, weitere Steigungen. Eine zweite Stimme. „Super, so geht des, gewaltig“. Die Twins sind vollständig und geben Kraft. Metalltreppen, der höchste Punkt ist erreicht. Aber das war´s dann noch nicht, auf der Rückseite geht es wieder runter, anfangs über Stock, Stein und Wurzeln.
Wann ist Ende, aus, ich mag einfach nicht mehr!? Wo ist der Herbert, „wisst ihr Bescheid?“ Keine Ahnung.
Und wieder Treppen, Stufe um Stufe, Citylights. Ja, genau, da beginnt die Straße und dann geht es runter. Dagmar und Franz sind mit Hannes, Jonas, Ben und Jakob auch raufgestiegen und feuern mich hinein ins Finale. 90 Grad-Kurve rüber und 2-3 Stufen zugleich, das letzte Mal musste ich mich am Geländer festhalten und eine um die andere nehmen. Diesmal, hinter mir die Jungs, fliege ich die Treppen runter in die Steingasse. Rein in die Welt, in die Menschen, die alle jubeln, dabei meine Fans Susi, Sonja, Marleen, Bianca. Die Tränen kommen mir hoch, der Gaumen wird trocken, der nächste Gastgarten am Platzl, die Leute klatschen und schreien, das gibt es ja gar nicht, alles ist unwirklich. Bei Rot über den Zebrastreifen, eh schon wurscht und noch 4 Mitstreiter überholt, Unterführung, Stufen rauf, das tut weh. Getreidegasse, Waagplatz, rüber zum Dom. Der Willi steht auf einmal da! „Aus dem Weg“, ich kann nicht mehr bremsen und schon gar nicht ausweichen.

4.40Km-Zeit laufen wir, eine Zeit, die auf Kurzstrecken für mich schon schnell ist, die Schmerzen sind weg. Es ist einfach nur fantastisch, der Weg zum Ziel, mein Name wird genannt, ich falle Tanja in die Arme.

FINISH um 23.33 nach 18h33 bei KM104 und 4.600hm.

Herbert ist vor dem Kapuzinerberg und noch immer fähig für schräge Sprachnachrichten, daher weiß ich, dass er es auch schaffen wird. Ohne Zieleinlauf vom Hr. Bert ist das alles nur die Hälfte wert. Nach 40 Minuten wird er gleich wie ich von den Jungs ins Ziel begleitet und darf sich mit über 45min Abstand zur Limitzeit als richtiger Ultra fühlen.

DANKE an alle Begleiter, wer weiß, ob das ohne euch möglich gewesen wäre.

Laut Informationen, die man so von den Profi-Läufern bekommt, dürfte diese Strecke mittlerweile durch die Höhenmeter und die schwierigen Trails zur Creme de la Creme der weltweiten Routen gehören. Nicht umsonst ist sie ja Bestandteil der „Ultra World Series“.

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