Der richtige Weg?

24. Feb. 2022

Der richtige Weg?

Enttäuschungen, die den gesellschaftlichen Zeitgeist hinterfragen…

Wenige Stunden bzw. Tage vor meinem aktuellen Kurzurlaub hat es mir die Füße weggezogen. Ein ehemaliger, tüchtiger Mitarbeiter, jetzt erfolgreich selbstständig, hat einen unserer fast fertig ausgebildeten Hoffnungsträger für die Baustelle aggressiv abgeworben.

Das tut weh und ich leide wie ein Hund.

Im Einzelnen möchte ich nur intern darauf eingehen, aber eine Begründung für den Abgang (woher auch immer die kam..) war für mich sofort klarzustellen.

“Poliere werden in ihrer Entwicklung zum Bauleiter zurückgehalten, wenn nicht blockiert…”.

Widerspruch, aber massiv. Poliere bei Ebster-Bau werden in ihrer Entwicklung zum Bauleiter nicht blockiert, sondern genau beobachtet. Wir sind froh über jeden praxisorientierten Projektleiter, der unsere sehr fähige Technikabteilung ergänzt.

Aber alles in einem zeitlichen Konnex mit der passenden Zeit zur Entwicklung. Aber heute ist der Trend allgegenwärtig, dass sämtliche Entwicklungssprünge uninteressant sind, das Ziel liegt gleich hinter dem Start. Ob das immer gut geht, ist die Frage. Diese Erfahrung wird auch der Jungunternehmer noch machen, jeder hat bestimmte Ressourcen und je nachdem, wie man damit umgeht, kommt man weiter oder der Motor stirbt irgendwann auf der Reise ab.

Einer unserer langjährigsten Mitarbeiter, aktuell in Bischofshofen tätig, hat den Weg über die Lehre, den Polier zum Bauleiter geschafft und ist heute ein erfahrener Mann. Wer wissen will, wie schwierig seine Umstellung war, der kann gerne seine Geschichte erfragen.

Verständlicherweise wird heute von allen Ausbildungsstätten gepriesen, wie weit man als Lehrling am Bau kommen kann, der Entwicklung sind keine Grenzen gesetzt. Es wird suggeriert, dass alles erreichbar ist. Die Realität zeigt aber vielen die Grenzen, was dann Enttäuschung hervorruft. Was schön langsam verloren geht, ist die Passion für die Baustelle, der wahre Polier ist scheinbar nur eine Übergangslösung.

Schnell einmal die Polierausbildung durch den Betrieb organisieren und (teilweise) finanzieren lassen, 1 Jahr oder siehe oben gar nicht Praxis sammeln und schon geht die Reise weiter zum Bauleiter. Ein bedenklicher gesellschaftlicher Trend. Hoffen wir, dass die Baustellen der Zukunft das Problem lösen werden, wenn keine Führungskräfte vor Ort existieren.

Und da ist es Zeit, große Anerkennung auszusprechen. Für unsere langjährigen Baustellen ”Häuptlinge”, die teilweise Jahrzehnte die Entwicklung mitmachen. Die sich in den letzten 10 Jahren die Frage stellen, wo wollen die Jungen denn alle hin.

Somit spreche ich meine tiefe Wertschätzung aus für unsere Poliere.

Ferdinand Lord, ein Leben lang an der Front, unverwüstlich, ruhig, den haut nichts um,

Peter Egger, den kann keiner aufhalten, auf seinen Baustellen hat er alles im Griff,

Mark (Markus) Deutinger, nach dem Ausstieg seines Bruders ansatzlos den Polierjob übernommen, ein Rackerer, wie es selten einen gibt,

Gerhard Kendlbacher, seit der Polierschule bei uns, Routinier der alten Schule (obwohl er gar nicht so alt ist…),

Franz Gimpl, unser General. Ein Mannsbild, der in jeder Wikingerserie auf Netflix mitspielen kann,

Daniel Ellenhuber, bei uns gelernt, unser erster Henndorfer Polier, ein überlegter Mann, jung, aber in den letzten Jahren mit toller Entwicklung,

Roli Pichler, Enkel des legendären Franz Davare, ein Maurer-Stammbaum, auf den er stolz sein kann,

Robert Dirnberger, auch noch einer der Jungen (Wilden), wie der Roli aus der Schmiede des unvergessenen Michi “Much” Deutinger,

Drago Stjepanovic, Vater von einem unserer kommenden Jungpoliere und einer der ganz erfahrenen Profis.

Nicht zu vergessen die Verantwortlichen für die Kleinpartien Samir Suljadzic und Hans Mayr, Bashkim Ukay, Mersudin Dolic und der Tiefbauer bei Ebster-Bau, Robi Kreuzer.

Oder die Holzbauriege. Franz Leitner, seit der Gründung dabei, Berni Gascho mit 2 Leidenschaften, Stoawandlpass und Ebster Holzbau, der Goli, sollten es manche nicht wissen, als Gottlieb Eppl getauft, seit wenigen Jahren der Gerhard Penninger und die junge Riege rundum Stephan Winkler, Flo Friembichler und unsere frisch ausgebildeten Zimmerer.

Auch bei diesen Herren denkt mancher an eine Weiterentwicklung, einer beispielsweise versucht sich sehr ehrgeizig gleich am Baumeister. Respekt. Aber alle wissen, jeder weitere Schritt braucht seine Zeit.

DANKE, geschätzte Herren, für eure Leidenschaft an der Errichtung von Hochbauten.

Am Ende des Tages müssen wir diese Affäre so akzeptieren, aber kommentarlos zur Tagesordnung überzugehen, das kommt nicht in Frage.

Seit Jahrzehnten versuche ich WIN-WIN-Situationen zu schaffen, keinen Partner über den Tisch zu ziehen und grundsätzlich in allen geschäftlichen Lebenslagen wertschätzend zu handeln. Ob das immer zu 100% gelungen ist, das dürfen andere entscheiden.

Jetzt stelle ich mir und allen Mitarbeitern, vor allem denen, die für die Entwicklung junger Menschen zuständig sind, die Frage – ist das zielführend? Sind wir dadurch automatisch Opfer von solch skrupellosen Vorgangsweisen bzw. handelnden Personen.

Dürfen wir lächelnd die andere Wange auch hinhalten, weil´s so schön ist?

Eins kann ich klarstellen, wir sehen uns nicht als Watschenmann, verlassen unseren Kurs wegen solch vereinzelter Störungen aber sicher nicht. Unser Hauptwert wurde in einem eigenen Beitrag vorgestellt – „Wertschätzend handeln“. Wir werden aus unseren Fehlern lernen und beim nächsten Mal gewappnet sein.

Aber gleiches mit gleichem zu vergelten, nach dem altbabylonischen „Aug um Aug, Zahn um Zahn“, verschlechtert auch das eigene Leben.

Eher glaube ich mit Überzeugung an den Spruch:

Abgerechnet wird noch immer am Schluss!